Ernst Kimmelstiel
24. Mai 1898 – 27. September 1964
Ernst Kimmelstiel wird 1898 in Berlin als Sohn jüdischer Eltern geboren. Die Schule schießt er mit der Obersekundarreife ab und erlernt – wie sein Vater – den Beruf des Kaufmanns. Von 1916 bis 1918 ist er Soldat im Ersten Weltkrieg. In der Weimarer Republik arbeitet er als kaufmännischer Vertreter.
Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten 1933 ist Ernst Kimmelstiel weiterhin als Handelsvertreter tätig. Obwohl er katholisch getauft ist, gilt er nach den „Nürnberger Gesetzen“ als „Volljude“ und muss im September 1938 seine Gewerbe aufgeben. Als die Ehe mit seiner „arischen“ Frau im März 1939 geschieden wird, ist er dem NS-Regime schutzlos ausgeliefert. Er emigriert im Mai 1939 in die chinesische Stadt Shanghai. Seine Eltern werden 1942 nach Theresienstadt deportiert und ermordet.
In Shanghai arbeitet Ernst Kimmelstiel, als „Salesmanager“. Im Februar 1943 zwingt ihn die japanische Besatzungsmacht zum Aufenthalt im Stadtteil Hongkou. Im „Ghetto Shanghai“ erkrankt er schwer. Im August 1945 wird er von US-amerikanischen Truppen befreit. Nach langem Krankenhausaufenthalt verlässt er im Juli 1947 mit zahlreichen anderen Emigranten Shanghai. Am 16. August 1947 erreicht ihr Schiff Neapel, am 20. August 1947 kommt Ernst Kimmelstiel am Görlitzer Bahnhof in Berlin an.
„Die Aufenthaltsbedingungen im Ghetto waren menschenunwürdig, sowohl hinsichtlich der Unterkunft und der Ernährung. Die Folge davon war, daß ich mir im Anschluss an einen Flecktyphus eine offene Tuberkulose zuzog“
Ernst Kimmelstiel, Bericht an das Berliner Entschädigungsamt,
23. Februar 1949
Nach seiner Rückkehr ist Ernst Kimmelstiel berufsunfähig. Er tritt im Mai 1949 dem „Verband der Opfer der Nürnberger Gesetze“ bei. Im August 1950 gehört er zu den Mitbegründern der „Gruppe der Shanghaier“ im BVN und wird deren Vorsitzender. Seit Ende 1952 übt er im BVN-Landesverband das Amt des Schatzmeisters aus. Ab 1955 nimmt er als Vertreter der Caritas an den Sitzungen der „Arbeitsgemeinschaft der Vertretungen der Politisch, Rassisch und Religiös Verfolgter“ teil.
Im April 1955 wird Ernst Kimmelstiel zum Vorsitzender des BVN-Berlin gewählt, wegen Krankheit tritt er 1957 zurück. Nach verbandsinternen Turbulenzen wird er 1963 nochmals stellvertretender Vorsitzender. Ein Jahr später stirbt er in Berlin.