Struktur des BVN

Der BVN-Berlin versteht sich als über­partei­liche, überkonfes­sionelle Organi­sation der politisch, rassisch und religiös Verfolgten des National­sozialismus. Seine wichtigsten Organe sind der Vorstand und die Mitglieder­versamm­lung. Das Wirken des Verbandes konzentriert sich auf West-Berlin. Er ist die größte vom Senat anerkannte Organisation von ehemals Verfolgten des National­sozialismus. Bis zu seiner Auflösung im Jahr 2016 ist der BVN für Politik und Verwaltung regelmäßig Ansprech­partner bei Fragen rund um die Belange der Überleben­den.  

Gruppen

Aufgrund seiner Entstehungs­geschichte bilden die „Opfer der Nürnberger Gesetze“ einen großen Teil der BVN-Mitglied­schaft, doch auch andere Verfolgten­gruppen zählen zum Verband. 

Die Mitglieder sind seit 1951 in Bezirks­gruppen und in den Interes­sen­gruppen der „Shang­haier“ und die „Gemaß­regelten des Öffentlichen Dienstes“ organisiert. Die Gruppen wählen ihrerseits Vorstände und planen eigene Aktivitäten. Aufgrund sin­kender Mitglieder­zahlen werden in den 1960er Jahren mehrere dieser Gruppen zusammen­gefasst. 

Versammlungen

Der BVN-Berlin führt regelmäßig Dele­gierten­tagungen durch. Zu diesen Versamm­lungen kommen Vertrete­rinnen und Vertreter der Bezirks- und Interessen­gruppen, aber auch Gäste aus Politik und Gesellschaft. Alle zwei Jahre wählen die Mitglieder einen neuen Vorstand. 

Die Zusammenkünfte des Verbandes finden an wechselnden Orten statt. Auf den Fotos ist eine Versammlung von 1951 im Sitzungs­saal des Bezirks­amtes Steglitz zu sehen. Referent des Abends ist Peter Lütsches vom BVN-Bundes­vorstand. Eine der Delegierten ist die Politikerin Jeanette Wolff aus Wilmersdorf. 

Seit den 1960er Jahren nutzt der Verband für größere Veranstal­tungen häufig das Studen­ten­haus am Stein­platz oder das Jüdische Gemeinde­haus in der Fasanenstraße. 

Satzung

Auf der Delegiertenversammlung des Jahres 1957 wird neben der Neuwahl des Vor­stan­des eine Anpassung der Satzung be­schlos­sen. Als eingetragener Verein ist der BVN verpflichtet, diese Veränderungen im Vereinsregister festzuhalten.

Die hier aufgeführte Mitteilung an das Amts­gericht Charlottenburg vom November 1957 beinhaltet ein Kurz­protokoll der letzten Versammlung und eine neue Fassung der Satzung. 

Die Statuten halten nun unter anderem fest, dass die Wahl nur noch alle zwei Jahre erfolgt. Von der BVN-Mitgliedschaft aus­ge­schlossen sind zudem alle Personen, welche die "freiheitlich demokratische Grund­ordnung“ der Bundesrepublik bekämpfen. Als solche werden in West-Berlin oft auch Personen angesehen, die der SED angehören. 

Erna-Maria Kandner

24. Juli 1892 – 25. Juli 1964

Erna-Maria Kandner muss als sogenannte „nichtarische“ Christin in der NS-Zeit Zwangs­arbeit leisten. Nach dem Zweiten Weltkrieg geht sie in die Berliner Bezirks­politik, seit 1948 gehört sie dem „Verband der Opfer der Nürn­berger Gesetze“ an, der Vorgänger­organi­sation des BVN.

Wie in vielen westdeutschen Organi­sationen sind in den führenden Positionen des BVN anfangs überwiegend Männer vertreten. Erna-Maria Kandner wird 1952 wird in den Vor­stand der Bezirksgruppe Zehlendorf gewählt; ein Jahr später ist sie deren stellver­tretende Vorsitzen­de. Als erste Frau gehört sie 1953 zum Vorstand des Landes­ver­bandes, im Jahr 1957 wird sie sogar stellvertretende Vor­sitzende des BVN. 

Mit ihrem entschlossenen Engagement ebnet Erna-Maria Kandner den Weg für weitere Frauen im Vorstand des BVN. Sie stirbt 1964. Vierzehn Jahre nach ihrem Tod sind 1978 erstmals mehr Frauen als Männer in der Verbands­führung vertreten.

Mitgliederzahlen

In den 1960er Jahren macht sich die Über­alterung der Mitglied­schaft zunehmend bemerkbar. Nicht zuletzt aufgrund von Krank­heiten ziehen sich viele BVN-Ange­hörige zurück. Von über 4000 Mitgliedern in der Anfangszeit sind 1976 altersbedingt nur noch 700 Personen im Verband verblieben. Es folgt die Auflösung der Bezirksgruppen und die Delegierten­tagung wird durch eine Mitglieder­versammlung ersetzt.

Mit den unaufhaltsam sinkenden Mitglieder­zahlen gewinnen die weiblichen Mitglieder mehr an Bedeutung. In den 2000er Jahren hat der BVN nur noch rund 100 Angehörige und wird schließlich aufgelöst.

„In diesen vergangenen 30 Jahren, denen bereits 12 Jahre Verfolgung vorausgegangen waren, sind wir alle nicht jünger geworden. Das Durchschnittsalter unserer Gemeinschaft im BVN liegt heut zwischen 70 und 80 Jahren. Ein sehr hoher prozentualer Anteil derer, die durch den Tod aus unserer Mitte gerissen werden, legt davon ein bedrückendes Zeugnis ab.“ 

Werner Goldberg, Ansprache auf der Delegiertenversammlung,
26. April 1975

Wirken in den Bezirken

Durch das Engagement von BVN-Bezirks­gruppen, entstehen in West-Berlin seit den 1950er Jahren verschiedene Mahn-Orte für die Opfer des National­sozialismus. In Steglitz wird auf Anregung des Verbandes am 9. November 1960 die Bronzestatue „Der Gefesselte“ einge­weiht. 

Die Statue an der Schloßstraße vor der Matthäus­kirche fällt mehreren neo­nazistischen Anschlägen zum Opfer und wird 1973 sogar gestohlen. Die Wiederaufstellung Ende 1974 findet nur noch vor einem kleinen Kreis von BVN-Angehörigen statt.

Geschäftsstelle

In den ersten Jahren ist der OdN/BVN an wechselnden Orten in Charlotten­burg und Wilmers­dorf untergebracht. 1951 richtet der Verband seine Geschäfts­stelle in der Mommsen­straße 27 in Charlotten­burg ein. Für mehr als vier Jahr­zehnte bleibt dies die Adresse des BVN im Westen Berlins.

Die linke Aufnahme zeigt das Büro in den 1990er Jahren. Das Messing­schild daneben hängt viele Jahre neben der Eingangs­tür des Hauses in der Mommsen­straße.

Nach einer drastischen Mieterhöhung im Jahr 1996 beschließt der BVN, seine lang­jährige Geschäfts­stelle aufzu­geben. Der Verband nimmt ein Angebot des Landes Berlin an und bezieht 1997 neue Räume in der Gedenk­stätte Deutscher Wider­stand.