Entschädigung

Der BVN-Berlin setzt sich von Beginn an für die soziale Unterstützung seiner Mitglieder ein und fordert materielle und ideelle „Wieder­gutmachung“. Der Verband sieht sich selbst als die „Gewerkschaft der Nazi­verfolgten“. Zahl­reiche Überlebende der NS-Diktatur bekom­men von ihm Unterstützung in Ent­schädi­gungs­angelegenheiten. Das Hilfs- und Bera­tungs­netzwerk des BVN reicht von Nord- und Südamerika bis nach Israel und Australien. Die Beratungen sind wichtiger Bestandteil der Verbandsarbeit.

Entschädigungsfragen

Mit dem Inkrafttreten des West-Berliner Entschädigungsgesetzes im Jahr 1951 beginnt unter der Leitung von Ulrich Eichholtz das Entschädigungsamt am Fehrbelliner Platz seine Arbeit. 

Der BVN steht bei den Verfahren zur „Wieder­gutmachung“ in engem Austausch mit der Behörde. Er unterstützt seine Mitglieder bei der Antrag­stellung oder leistet Hilfe bei Einsprüchen. Nicht selten über­nimmt der Verband in Streit­fällen auch die Vertretung seiner Mitglieder vor Gericht.

Wiedereinstellung

Im Frühjahr 1952 gründet sich im BVN eine eigene Gruppe für ehemals NS-Verfolgte, die zwischen 1933 und 1945 auf Grund­lage des „Gesetzes zur Wieder­herstellung des Berufs­beamtentums“ entlassen wurden. Der Verband fordert eine bevor­zugte Wiedereinstellung dieser Personen in den Staatsdienst. Mehrfach macht er Vorschläge zur Überarbeitung des „Gesetzes zur Regelung der Wieder­gut­machung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes“ (BWGöD), das 1951 in Kraft tritt.

Das sogenannte „Sonderreferat für die Gemaß­regelten des Öffentlichen Dienstes“ im BVN wird in den ersten Jahren von Albrecht von Holtum geleitet. Das Foto zeigt ihn zusam­men mit Stanislaus Burkiczak (links) und Paul Mittag (rechts) auf einer Veran­staltung in Berlin-Wilmersdorf. 

„Schon vor Jahren hatten wir vom BVN es uns zum Ziel gesetzt, die Lage unserer Kameraden zu verbessern und den Kreis der Anerkannten zu erweitern. Unzählige Briefe und Resolutionen haben wir verschickt […], viele Unter­redungen und Debatten wurden geführt. Demütigungen sind uns nicht erspart geblieben, denn wir begegneten […] erstaunlicher Verständnislosigkeit und kühler Ablehnung“.

Else Thiele, Bericht zum PrV-Anerkennungsgesetz,
Die Mahnung, 15. April 1956

Bundesentschädigungsgesetz

Im Oktober 1953 tritt in der Bundes­republik Deutschland das erste allgemeine und einheitliche Entschädigungs­gesetz für Opfer des National­sozialismus in Kraft. Nach einer ersten Über­arbeitung wird es seit 1956 als Bundes­entschädigungs­gesetz (BEG) bezeichnet. 

Der BVN bezieht mehrfach Stellung zur „Wieder­gutmachung“ und bringt Vorschläge zur Über­arbeitung des Gesetzes ein. Als 1965 eine Novellierung des BEG ansteht, fordert der Verband vergeb­lich, dass auch Helfe­rinnen und Helfer von NS-Verfolgten Entschädi­gung bekommen können.

Diverse öffentliche Veranstaltungen zu Entschädigungs­fragen werden vom BVN organisiert. Als einen prominenten Redner kann er 1964/1965 Martin Hirsch gewin­nen, den Vorsitzenden des „Aus­schusses für Wieder­gutmachung“ im Bundes­tag.

Werner Goldberg

9. Februar 1919 – 28. September 2004

Werner Goldberg wächst in einer christlich-geprägten Familie auf. Weil sein getaufter Vater jüdischer Herkunft ist, gilt er als „Halb­jude“. Er wird in die Wehrmacht eingezogen, doch 1940 aus rassischen Gründen als „wehr­untüchtig“ wieder entlassen.

Nach 1945 zählt Werner Goldberg zu den Mitbegründern der Berliner CDU. Für die Partei sitzt er ab 1958 für mehr als zwanzig Jahre im Abgeordnetenhauses. Seit 1959 ist er Beauf­tragter der CDU in der „Arbeitsgemeinschafft der Vertretungen der politisch, rassisch und religiös Verfolg­ten“ (AG-PRV) und gehört dem „Wieder­gutmachungs-Ausschuss“ der Partei an. 

Im Jahr 1976 übernimmt er nach dem Tod von Rolf Loewenberg aus der Jüdischen Gemeinde den Vorsitz der AG-PRV. Seine politische Karriere beendet Werner Goldberg 1979. Weiterhin setzt sich der langjährige BVN-Vorsitzende jedoch für die Belange der NS-Verfolgten ein. Im Jahr 1987 wird er Stiftungs­ratsvorsitzender der „Stiftung Hilfe für Opfer der NS-Willkür­herrschaft“.

Berliner Entschädigungsgesetz

Als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Verfolgten­organisa­tionen (AG-PRV) ist der BVN zu Beginn der 1950er Jahre mit Vorschlägen an der Ausarbeitung des West-Berliner Gesetzes zur Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus beteiligt.

Nach dem Inkrafttreten 1951 setzt sich der BVN mehrfach für die weitere Über­ar­bei­tung des Gesetzes ein. Dabei hat Verband anfangs vor allem die NS-Verfolgten im Blick, die in sogenannten „privilegierten Mischehen“ überlebten oder die als „Halb­juden“ Zwangsarbeit für die „Organisation Todt“ leisten mussten.

Zum 30. Jahrestag der Erlassung des Ent­schädigungs­gesetzes lädt der Senat zu einem Festakt. Einer der Redner ist der oben abgebildete Werner Goldberg. Der Vor­sitzen­de der AG-PRV mahnt auf der Veran­staltung, die NS-Verfolgten dürften nicht in Vergessenheit geraten.

"Vergessene Opfer"

In den 1980er Jahren fordern gesell­schaft­liche Initiativen von der Politik, bisher „vergessene Opfer“ anzuerkennen und zu ent­schädigen. Dazu zählen neben den Zwangs­arbeite­rinnen und Zwangs­arbeitern vor allem Sinti und Roma und Homo­sexuelle.

Der BVN schließt sich diesem Anliegen an. Auf einer Konferenz der Aktion Sühne­zeichen Friedens­dienste zum Thema „Alle Opfer anerkennen“ kritisiert Werner Goldberg die fort­gesetzte Demüti­gung von NS-Verfolgten bei den Entschä­digungs­verfahren.

Als 1987 in West-Berlin die Stiftung „Hilfe für Opfer der NS-Willkürherrschaft“ ge­schaffen wird, ist der BVN in deren Stiftungs­rat und Vorstand vertreten.