Gedenken
Die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus ist für den BVN-Berlin ein wichtiges Anliegen. Entschlossen stellt er sich dem Verdrängen und „Nicht-Genau-Wissen-Wollen“ der Mehrheitsbevölkerung entgegen. Regelmäßig richtet der Verband eigene Gedenkfeiern aus. Ebenso ist er bei offiziellen Veranstaltungen des Senats oder bei Gedenkstunden der Arbeitsgemeinschaft der NS-Verfolgten vertreten.
Der BVN setzt sich für eine Vielzahl von Erinnerungsorten ein und leistet einen großen Beitrag für die Ausprägung des frühen Gedenkens in Berlin. Als sich die Erinnerungslandschaft in den 1980er Jahren erweitert, findet die Stimme des Verbandes ebenfalls Gehör. Er fordert Aufmerksamkeit für „vergessene Opfer“ und ist als Ratgeber in Beiräten und Trägervereinen neuer Gedenkstätten wie der Topographie des Terrors und der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz vertreten.
Mahnort Levetzowstraße
Die Synagoge Levetzowstraße diente den Nationalsozialisten von 1941 bis 1943 als Sammellager für die Deportationen aus Berlin. Mitte der 1950er Jahre wird das Gebäude abgerissen. Der BVN kritisiert 1957 gegenüber dem Bezirk Tiergarten den Zustand des Areals und schlägt eine Gedenktafel vor.
Im Juli 1960 wird auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge eine kleine Gedenkstätte mit einer Bronzetafel eingeweiht. An der Einweihungsfeier nimmt der Vorstand des BVN teil und legt am Mahnmal einen Kranz nieder.
Einsatz für Plötzensee
Nach der Einweihung im Jahr 1952 setzt sich der BVN wiederholt für eine bessere Zugänglichkeit und personelle Ausstattung der Gedenkstätte Plötzensee ein. Nach Auffassung des Verbandes sollte an dem historischen Orte neben dem Gedenken der Opfer auch Wissensvermittlung zum Nationalsozialismus betrieben werden.
Besonderes Engagement für Plötzensee bringt der Charlottenburger Bezirksverordnete Gustav Adolf Tepper auf. Von 1967 bis 1969 zählt er zum Vorstand des BVN. Das Foto zeigt ihn bei einer Führung in der Gedenkstätte.
Denkmäler in den Bezirken
Neben dem Mahnmal auf dem Steinplatz ist der BVN Initiator verschiedener Denkmäler in den Bezirken West-Berlins. Auf seine Anregung wird 1960 auf der Dorfaue in Zehlendorf der Gedenkstein mit der Inschrift „Den Opfern / 1933 / 1945“ errichtet.
Die Idee für diesen Gedenkort trägt der BVN bereits 1959 vergeblich vor. Erst nach der antisemtitischen “Schmierwelle”, die 1959/1960 die Bundesrepublik und West-Berlin erschüttert, schließt sich der Bezirk dem Ansinnen an.
Mit seinem Vorschlag, auch einen KZ-Winkel auf dem grauen Granitstein anzubringen, kann sich der BVN beim Bezirk Zehlendorf allerdings nicht durchsetzen. Am Buß- und Bettag, dem 16. November 1960, wird der Gedenkstein eingeweiht.
„Mit dem 8. Mai 1945 begann für das deutsche Volk eine neue Epoche der Demokratie. […] Es kann nicht unsere Aufgabe sein, Siegesjubel anzustimmen. Aber der Tag des Zusammenbruchs des Hitlerterrors ist der Beginn einer neuen Epoche und von so entscheidender Bedeutung für das deutsche Volk, daß es sich die Republik nicht leisten kann, diesen Tag mit Stillschweigen zu übergehen.“
Max Köhler und Werner A. Zehden in einem Brief an den Regierenden Bürgermeister von Berlin,
26. Februar 1965
Ausstellungen
Während des Zweiten Weltkriegs verüben deutsche Polizisten am 10. Juni 1942 im tschechischen Dorf Lidice ein Massaker. Alle männlichen Einwohner und die meisten Kinder werden ermordet, die Frauen in Konzentrationslager gebracht und das Dorf zerstört.
Als sich im Juni 1967 das Massaker zum 25. Mal jährt, setzt sich der BVN in West-Berlin für Gedenkveranstaltungen ein. Zur Eröffnung einer Lidice-Ausstellung des Bezirksamtes Tiergarten hält der BVN-Vorsitzende Werner A. Zehden eine Ansprache.
Die Ausstellung mit dem Titel „Lidice mahnt“ präsentiert die Werke tschechischer Künstler. Die Fotos zeigen die Eröffnungsveranstaltung im Rathaus Tiergarten, an der unter anderem Stadtrat Heinz Schmidt und Heinz Elsberg, der Redakteur der BVN-Zeitung „Die Mahnung“, teilnehmen.
Waltraud Rehfeld
10. April 1925 – 17. Dezember 2014
Waltraud Rehfeld stammt aus einer sozialliberalen Familie, die den Nationalsozialismus ablehnt. Nach 1945 engagiert sich besonders für die christlich-jüdische Verständigung. Im Jahr 1976 übernimmt sie die Geschäftsführung des BVN. In dieser Funktion prägt sie den Verband für fast vier Jahrzehnte.
Seit den 1970er Jahren treten Mitglieder des BVN in Schulen auf. Auf Anregung von Waltraud Rehfeld kommt zudem die Angehörige des Auschwitz-Komitees Lilli Kopecky wiederholt aus Israel nach West-Berlin und berichtet als Zeitzeugin. Auch Waltraud Rehfeld spricht für den Verband zu verschiedenen Anlässen.
Als die Bundeszentrale für Politische Bildung in den 1980er Jahren einem Dokumentationsband über Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus herausgibt, trägt Waltraud Rehfeld umfangreiche Informationen zu Gedenkorten in West-Berlin zusammen, die in das Werk aufgenommen werden.
Engagement für Sinti und Roma
In den frühen 1980er Jahren knüpft der BVN Verbindungen zu Organisationen von ehemals verfolgten Sinti und Roma. Einzelne Überlebende dieser Gruppe treten dem Verband bei und berichten in der Zeitung „Die Mahnung“ über ihr Schicksal und den Völkermord an den Sinti und Roma.
Im Dezember 1988 nimmt die BVN-Geschäftsführerin Waltraud Rehfeld auf Einladung der „Cinti-Union Berlin e.V.“ an einer Gedenkfeier anlässlich des 50. Jahrestages des Runderlasses von SS-Reichsführer Heinrich Himmler zur „Bekämpfung der Zigeunerplage“ teil. Die vom „Zentralrat der Sinti und Roma“ mitorganisierte Veranstaltung findet im ehemaligen Reichstagsgebäude in Berlin statt und findet große Zustimmung bei zahlreichen Überlebenden der Vernichtungslager.
Jahrestage zum 20. Juli 1944
Am Mahnmal für die NS-Opfer auf dem Steinplatz organisiert der BVN seit 1957 Gedenkfeiern zum Jahrestag des 20. Juli 1944. Auch nimmt er an den offiziellen Veranstaltungen des Senates teil, während Delegationen des Verbandes auf den Feiern des „Zentralverbandes Demokratischer Widerstandskämpfer- und Verfolgtenorganisationen“ in Bonn vertreten sind.
Die Bonner Veranstaltung des ZDWV wird 1984 als zentrale Veranstaltung nach West-Berlin verlegt. Ausrichter sind die Bundesregierung und der Senat von Berlin, die Stiftung "Hilfswerk 20. Juli 1944", der ZDWV und die „Union Deutscher Widerstandskämpfer und Verfolgtenverbände“. Das Foto zeigt Werner Goldberg vom BVN zusammen mit der Vorsitzenden des ZDWV Annemarie Renger im Ehrenhof des Bendlerblock.