Ernst Lührse

8. April 1893 – 9. November 1969

Ernst Lührse wird 1893 in Stettin geboren. Seine jüdischen Eltern ermöglichen ihm nach dem Gym­nasium das Studium der Rechts­wissen­schaften. Von 1914 bis 1918 nimmt er freiwillig am Ersten Welt­krieg teil. In der Weimarer Republik erlangt er die juristische Doktor­würde und wird 1921 zum Gerichts­asses­sor ernannt; 1925 folgt die Ernennung zum Amts- und Land­gerichts­rat in Stettin. Im Jahr 1928 heiratet er Ilse Drewes, die nicht jüdischer Herkunft ist. 

Im Jahr 1929 wird Ernst-Lührse Amts­gerichts­rat in Berlin. Politisch ist er in der „Deutschen Demokratischen Partei“ aktiv. Nach der Macht­übertragung an die National­sozialisten 1933 wird er aus dem Staats­dienst entlassen. Im NS-Staat gilt Ernst Lührse als „Volljude“, ob­wohl er der evange­lischen Kirche angehört. Nach den November­pogromen von 1938 wird er für sechs Wochen in das Konzen­trations­lager Sachsen­hausen verschleppt. Nur auf­grund seiner „arischen“ Ehefrau muss er ab 1941 nicht den Juden­stern tragen und ist vor der Deportation geschützt.

„Von 1930-33 war ich Jugendrichter beim Amts­gericht Neukölln. Meine Tätigkeit fiel in die Zeit erbitterter Kämpfe zwischen nationalsozia­listischen Banden, Stahlhelmgruppen einerseits und Reichsbanner sowie kommunistischen Gruppen andererseits, so dass in meinen Arbeitsbereich auch die Erledigung aller politischen Straffälle fiel.“

Ernst Lührse, Bericht an das Berliner Entschädigungsamt,
18. März 1949

Ernst Lührse gerät mehrfach ins Visier der Polizei. Er wird denunziert, abfällige Bemer­kungen über die Gestapo gemacht zu haben. Von September bis Dezember 1942 ist er im Zellen­gefängnis Lehrter Straße inhaftiert. Anschließend wird er in das „Arbeits­erzie­hungs­lager Wuhlheide" verschleppt, wo er bis März 1943 bleibt. Während dieser Zeit versorgt seine Frau ihn und andere Häftlinge illegal mit Nachrichten und Lebens­mitteln. Nach seiner Ent­lassung muss er bis April 1945 Zwangs­arbeit leisten.

Nach dem Ende des Zweiten Welt­krieges kehrt Ernst Lührse nicht in den Staats­dienst zurück. Er arbeitet für die Berlinische-Boden-Gesell­schaft und als Anwalt. Im Oktober 1946 tritt er der BVN-Vorgänger­organisation „Verband der Opfer der Nürnberger Gesetze“ bei. Ende 1949 wird er zum stellvertre­tenden Vorsitzenden des Verbandes gewählt. Bis 1955 übt er im BVN dieses Amt aus. Auch danach steht er dem Verband in juristischen Fragen zur Ver­fügung. Ernst Lührse stirbt 1969 in Berlin.