Israel

Als 1948 die Gründung des Staates Israel erfolgt, gehört der „Verband der Opfer der Nürnberger Gesetze“ zu den unbedingten Befürwortern dieses Schrittes. Der spätere BVN-Berlin führt diese Tradition fort. Die Zeitung „Die Mahnung“ und Ver­an­staltungen in den Bezirks­gruppen widmen sich wiederholt dem Aufbauwerk des Staates, der zahlreichen Überleben­den der NS-Verfolgung eine neue Heimat bietet. Auch bezieht der Verband mehrfach Stellung gegen Organisationen und Einzel­personen, die gegen Israel hetzen.

Frühe Kontakte

Mehrere Jahre bevor die Bundesrepublik Deutsch­land im Mai 1965 offizielle diplo­matische Bezie­hungen zu Israel aufnimmt, unterhält der BVN bereits Verbin­dungen zur „Organisa­tion ehemaliger Shanghaier in Israel“. 

Wie die Korrespondenz verdeutlich, besteht der Kontakt bereits 1953. Angehörige des israelischen Verbandes besuchen später sogar den BVN in Berlin. Seit 1960 beziehen mehrere ehemalige „Shanghaier“ zudem die Zeitung „Die Mahnung“. Die Organi­sation hat einen eigenen Bereich darin, der für Mit­teilungen und An­zeigen genutzt wird.

„Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesregierung und Israel gehört zu den brennendsten außenpolitischen Problemen. [...] Wirtschaftliche Erwägungen und die Hallstein-Doktrin dürfen für diesen schon lange fälligen Schritt kein Hindernis mehr sein.“ 

Mitteilung von Max Köhler an Bundeskanzler Ludwig Erhard über eine Resolution des BVN-Berlin,
2. Juni 1964

Repräsentanten

Der BVN pflegt ein enges Verhältnis zu Repräsentanten Israels in der Bundes­republik. Mehrfach kommen israelische Botschafter in der BVN-Zeitung „Die Mahnung“ zu Wort. An einer besonderen Veranstaltung nimmt sogar ein Vertreter des Landes teil.

Das Foto zeigt in der Mitte Avner Idan, den Gesandten des Staates Israel, auf der vom BVN organisierten Tagung der FILDIR im Jüdischen Gemeindehaus in West-Berlin. 
Links stehen Werner A. Zehden und der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Heinz Galinski. Auf der rechten Seite sitzen Bundesminister a.D. Ernst Lemmer und Bürgermeister Klaus Schütz.

Gegen Antizionismus

Im Juni 1967 gewinnt Israel den soge­nannten Sechs-Tage-Krieg gegen seine arabischen Nachbarn. In Teilen der west­deutschen Gesellschaft ändert sich danach die Stimmung gegenüber dem jüdischen Staat. Innerhalb weniger Jahre schlägt die einstige Solidarität mit Israel gerade bei nicht wenigen Studierenden in Anti­zionis­mus um. 

Der BVN will dagegen ein Zeichen setzen. Im April 1971 veröffentlicht das Vor­stands­mitglied Helmut Rehfeld in der Zeitung „Die Mahnung“ eine Artikelserie über „Die anti­israelischen Vorwürfe und ihre Wider­le­gungen“. Die Beiträge werden später auch als kleine Broschüre heraus­gebracht.

In den folgenden Jahren bezieht der BVN wiederholt Position für den jüdischen Staat und setzt sich für die deutsch-israelische Verständigung ein.

Reise in den Nahen Osten

Im Frühjahr 1972 unternimmt der BVN erst­mals eine Gruppen-Reise nach Israel. Zu den Programm­punkten zählen unter anderem ein Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem und mehre Treffen mit Organisationen von Über­lebenden des Holocaust. 

In Israel führt der Berliner Verband mehrere Baum­pflan­zungen durch. Vor allem die Baum­spende für den „Heinrich-Grüber-Wald“ in Jerusalem ist für die Organisation von großer Bedeutung: Grüber hatte in der NS-Zeit auch für Ange­hörigen des BVN Hilfe geleistet und ist seit 1961 Ehren­mitglied des Verbandes.

Margarete Kalitzki

10. Oktober 1899 – 9. September 1986

Margarete Kalitzki erfährt in der NS-Zeit Diskriminierung und Gewalt, da ihr Ehemann jüdischer Herkunft ist. Bruno Kalitzki betreibt in Chemnitz ein Architekturbüro, das er auf­geben muss. Zusammen mit ihrem Mann emigriert Margarete Kalitzki 1934 nach Palästina. Das Paar lässt sich in der Hafen­stadt Haifa nieder. Bruno Kalitzki wird hier wieder als Architekt tätig und entwirft für die Stadt mehrere Häuser. 

Das Leben im Exil ist für das Ehepaar auch aufgrund der klimatischen Verhältnisse sehr hart. Nach 1945 wollen sie nach Deutschland zurückkehren, doch kurz vor der Rück­kehr stirbt Bruno Kalitzki. Im Juli 1953 verlässt Margarete Kalitzki nach fast zehn Jahren Israel und zieht allein nach West-Berlin. 

In den 1960er Jahren versucht sie, einen Teil des Vermögens ihres verstorbenen Mannes zurückzuerhalten. Das Anliegen scheitert, denn das vom NS-Staat geraubte Grundstück befindet sich mittlerweile im Besitz der DDR. Im BVN findet Margarete Kalitzki eine neue Heimat und ist für viele Jahre im Vorstand des Verbandes tätig.

Solidarität

Am 6. Oktober 1973, dem jüdischen Feier­tag Jom Kippur, greifen Syrien und Ägypten überraschend Israel an. Sie wollen Gebiete zurückerobern, die Israel seit dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 besetzt hält. 

Der BVN schickt kurz nach dem Angriff Solidaritäts­bekundungen an israelische Stellen und versichert dem „tapferen israelischen Volke“ seine Sympathie. Auch ruft der Verband zu Spenden für das Land auf. Als die hier abgebildete Antwort einer befreundeten Über­lebenden-Organisation eintrifft, hat Israel die Angriffe bereits abgewehrt und seit dem 24. Oktober ist ein Waffen­stillstand in Kraft.

Besuchsprogramm

Seit 1969 lädt der Senat ehemalige Berline­rinnen und Berliner, die im National­sozia­lismus verfolgt wurden, zum Besuch ihrer alten Heimat­stadt ein. Die meisten der Gäste sind jüdischer Herkunft, viele von ihnen kommen aus Israel. Der BVN unter­stützt das Ansinnen und organisiert mehrmals Dampferfahrten für das Programm.

Die Fotos zeigen eine Havel- und Wann­see­rundfahrt im Juni 1978. Die Gäste aus Israel und verschiedenen Ländern Süd­amerikas werden vom Präsident des Abgeordneten­hauses Peter Lorenz begrüßt. Vom BVN-Vorstand nehmen Werner Goldberg, Franz Peiser und Waltraud Rehfeld teil.

Gemeinsames Engagement

Seit 1977 steht der BVN in enger Verbindung mit dem „Committee of Auschwitz-Camps Survivors in Israel“. Gemeinsam wollen sie gegen die zunehmende Verbreitung von neo­nazistischen Publikationen protestieren, in denen der Holocaust geleugnet wird. 

Zum Komitee gehört unter anderem die Auschwitz-Überlebende Lilli Kopecky (1913-2005). Das Foto zeigt sie zusammen mit Waltraud Rehfeld auf einer Veranstaltung zur „Woche der Brüderlichkeit“ in West-Berlin im März 1980. Einige Jahre später tritt Lilli Kopecky 1988 dem BVN selbst bei und bleibt dem Verband bis zu ihrem Tod verbunden.